Westfalenpost, Hendrik Nachtigäller, 28.09.2019:

Wetter.  Dirk Göckler hat bei der HSG Wetter/Grundschöttel II eine klare Mission. Die Zweite mit jungen Spielern ist keine gewöhnliche Handball-Reserve.

Der Jugend gehört die Zukunft – auch bei der HSG Wetter/Grundschöttel. Die Handballer wollen noch mehr in ihre Nachwuchsarbeit investieren. In der 2. Mannschaft (1. Kreisklasse) sollen die Talente den Sprung in den Herren-Bereich schaffen – unter Anleitung eines erfahrenen Trainers, der sich mit Leib und Seele dem Sport verschrieben hat. Dirk Göckler trainiert seit 41 Jahren Handball-Teams, seine erste Jugendmannschaft übernahm er mit gerade einmal 14 Jahren. Von seinem Heimatklub DJK Oespel-Kley führte der Weg des 55-Jährigen unter anderem zum Wittener TV, mit dem er in die Bezirksliga aufstieg, und als Co-Trainer zu den Damen von Bundesligist Borussia Dortmund.

Mit seiner langjährigen Erfahrung will Göckler den HSG-Nachwuchs, bei dem die meisten Akteure noch in der A-Jugend spielberechtigt wären, fit für die Ligen der Erwachsenen machen. Im Interview spricht der Coach über die neue Aufgabe und die Herausforderungen.

Herr Göckler, wollen Sie lieber Tore werfen oder verhindern?

Dirk Göckler: Die Deckung gewinnt das Spiel. Meine Philosophie ist, aus einer starken Deckung heraus möglichst absoluten Tempo-Handball zu spielen. Tempogegenstoß, zweite Welle, vor dem Tor zielstrebig und schnell agieren – da wollen wir hinkommen.

Was macht die Faszination Handball für Sie aus?

Es macht mir Spaß, mit Menschen zu arbeiten. Als Trainer ist es doch was anderes als als Spieler. Ich stehe als Trainer ein bisschen außen vor. Ich muss ja eine gewisse Respektsperson sein. Ich möchte Spaß mit den Jungs haben, aber bin nicht deren „best Buddy“. Und es ist für mich ein Ausgleich zum Berufsleben.

Co-Trainer der Bundesliga-Damen des BVB, Coach des Wittener TV und jetzt die 2. Mannschaft der HSG in der Kreisklasse. Was reizt Sie an der Aufgabe?

Das Projekt an sich reizt mich. Und zwar ist die Zweite im Prinzip die A-Jugend, die ja abgemeldet wurde. Bis auf zwei Spieler sind alle unter 23. Für mich ist erstmal im ersten Jahr kein Erfolgsdruck da, es ist ein reines Entwicklungsjahr, weil die jungen Spieler noch viele Defizite haben, an denen wir arbeiten müssen. Das könnten vom Alter her meine Kinder sein – das Augenmerk werden wir mehr auf Schulung und Weiterentwicklung als auf gnadenlose Leistung legen.

Wie schätzen Sie das Entwicklungspotenzial Ihres Teams ein?

Das Potenzial ist sehr groß. Seit Vorbereitungsbeginn sieht man, wie sehr sie sich weiterentwickeln, einige natürlich schneller, einige langsamer. Nächstes Jahr wird das ein bisschen anders aussehen. Wir haben dieses Jahr alle mit ins Team genommen, egal wie gut sie sind. Ich denke, nächstes Jahr wird sich die Spreu vom Weizen ein bisschen trennen. Einige Spieler sind dabei, die das Potenzial haben, in den nächsten zwei Jahren den Sprung zur Ersten zu schaffen, sogar wenn die Erste aufsteigen sollte.

Wo hat Ihr Team den größten Nachholbedarf?

Überall. Es fängt an mit technischen Defiziten, wo sie nicht so geschult worden sind, wie es hätte sein sollen. Dann im physischen Bereich, wobei sie da für das Alter eigentlich ganz gut sind. Aber auch im psychischen Bereich: Disziplin, Entschlossenheit, da fehlt es noch an vielem. Es ist eine sehr verspielte Truppe, wo man noch an allen Ecken und Enden arbeiten muss.

Wo sehen Sie Stärken Ihrer Mannschaft?

Im Tempo, in der Schnelligkeit, in der Wissbegierigkeit, dass sie lernen wollen; dass sie versuchen, alles umzusetzen, auch wenn es noch häufig in die Hose geht. Wichtig ist, dass sie es trotzdem weiter versuchen und nicht sagen, jetzt hab ich dreimal daneben geballert oder drei Fehler gemacht, jetzt verteile ich nur noch Bälle.

Die erste Partie gegen HSG ECD Hagen 3 haben Sie verloren — wird das für Ihr junges Team ein Lehrjahr?

Es wird ein schweres Jahr. Ich denke, die Hinrunde wird sehr schlecht sein, aber hoffe, dass wir zur Rückrunde soweit sind. Ich hoffe auch, dass wir die Klasse halten, aber das hat nicht Priorität. Es sollen alle viel spielen. Ich kenne die Hagener Liga nicht und gucke mir keine Spiele an, wir wollen unser Spiel spielen und nicht das des Gegners, deshalb ist das für mich auch nicht so relevant.

Sonntag fahren Sie zum TV Hasperbach 2, der aktuell mit zwei Siegen ohne Niederlage die Liga anführt. Kann es da mit dem Einstandssieg klappen?

Wir haben die ersten 22 Minuten gegen ECD gut gespielt, da stand es 6:8, dann sind wir körperlich eingebrochen. In der zweiten Halbzeit sind wir nochmal auf drei rangekommen, dann haben wir uns aber wieder ein paar gefangen und waren ein bisschen gebrochen. Mit der Mannschaft gehen wir aber in jedes Spiel, um es zu gewinnen.